Seit meiner letzten Radreise durch Südostasien (3000 Kilometer durch Thailand, Kambodscha, Vietnam) im Jahr 2018 verstaubt mein Reiserad im Keller, ab und zu wird es mal für Tagestouren herausgeholt, also eigentlich ist es vollkommen unterfordert. Dieses Rad, ein VSF TX-400 mit Rohloff-Nabenschaltung, ist ausgelegt für eine Weltreise und hat dafür alles was man braucht, aber es steht sich in meinem Keller die Reifen platt – das muss sich ändern.
Ende August machte ich mich also auf den Weg um die Insel Öland zu erkunden. Bei der kurzen Anfahrt – die Fähre nach Öland von Oskarshamn aus ist von unserem Haus in Småland nur etwa 70 Kilometer entfernt – lautete das Motto beim Packen ´nicht Kleckern sondern Klotzen`, zumal das Wetter auch mitspielen sollte und Öland bekanntermaßen nicht besonders bergig ist. Also kamen Dinge in meine Packtaschen, die auf einer Radreise wahrer Luxus sind, wie z.B. Tisch & Campingstuhl, Strandmatte oder ein Kissen und ein zusätzlicher Sommerschlafsack. Zusammen mit Zelt, Kocher, Kamera + Ausrüstung, Klamotten, Schlafsack, Isomatte, Essen für 3 Tage, zwei vollen 1,5 Liter – Wasserflaschen und sonstigen Krempel waren alle 4 Packtaschen ruckzuck vollgepackt. So ausgerüstet hätte ich auch ans Nordkap fahren können.
Aber zuerst musste ich nach Oskarshamn. Am Vortag der Fährüberfahrt ging es los, über kleine Landstraßen radelte ich durch das schöne Småland und einige Kilometer vor Oskarshamn baute ich mein erstes Nachtlager mitten im Wald auf. Nicht gerade der ideale Zeltplatz, aber in der Gegend um Oskarshamn ist es schwierig, geeignete Wildcamping-Spots zu finden. Also nahm ich mit einem schattigen Platz in der Nachbarschaft tausender Mücken vorlieb, gelegen an einem schmalen Waldweg. Nach einer sehr ruhigen Nacht kochte ich mir einen schnellen Kaffee und nahm die letzten 15 Kilometer bis zum Fähranleger in Angriff.
In Oskarshamn angekommen war der Fähranleger leicht zu finden. Die Fähre von Oskarshamn nach Byxelkrok auf Öland hatte ich vorher online gebucht, diese Fahrt am 30. August war sogar die letzte Fahrt des Jahres auf dieser Strecke, eine reine Sommerstrecke. Mit an Bord gingen auch einige Radreisende aus Frankreich, mit denen ich eine nette Unterhaltung führen konnte, meinem wenigen Schulfranzösisch und Englisch sei Dank. Die Fahrt schließlich ging vorbei an den Inseln Furö und Blå Jungfrun. Letztere ist Teil eines interessanten Nationalparks und im Sommer von Oskarshamn und Byxelkrok aus mit Ausflugsschiffen erreichbar. Byxelkrok liegt ziemlich im Norden der Insel Öland und ist der ideale Ausgangspunkt, Öland von Norden nach Süden zu erkunden.
Nach Ankunft in Byxelkrok stand ich vor der Qual der Wahl, wohin es gehen sollte und wo ich mein erstes Nachtlager auf der Insel aufschlage. Ich entdeckte auf der Karte nicht weit entfernt das Naturreservat Vargeslätten bei Nabbelund ein paar Kilometer weiter nördlich. Dort gibt es eine Windschutzhütte, wie sie sehr oft in Schweden zu finden sind, sogar mit Feuerstelle. Zuerst radelte ich allerdings weiter westlich und erkundete diesen Teil Ölands auf schmalen Straßen und hervorragenden Radwegen. Am späten Nachmittag erreichte ich den Wanderweg zur Vindskydd, der sich als teilweise sehr schmal und steinig erwies, eingesäumt von etlichen Dornenbüschen. Auf dem letzten Kilometer zur Hütte war also Schieben angesagt, aber dort angekommen war klar, daß die Anstrengung sich absolut lohnte. Von der Hütte aus hat man einen phänomenalen Blick nach Norden auf den Leuchtturm Långe Erik, die vorgelagerten Feuchtwiesen und die Meeresbucht Grankullaviken. Die Wiese vor der Hütte wird als Weide genutzt, auf der an diesem Tag aber keine Kühe zu sehen waren, nur ihre Hinterlassenschaften. Dennoch war es kein Problem, dort das Zelt aufzustellen, die Vindskydd diente mir nur als Koch- und Essplatz, auf ein Feuer verzichtete ich. Stattdessen genoss ich den herrlichen Ausblick und die vielfältige Vogelwelt. Die Nacht war wunderbar ruhig, aber als ich gegen 23 Uhr noch einmal aufwachte, traute ich meinen Augen kaum beim Blick aus dem Zelt – am Horizont hinter dem Leuchtturm waren ganz deutlich Nordlichter zu erkennen. Natürlich versuchte ich, das Himmelsspektakel zu fotografieren, aber mehr als ein paar verschwommene High-ISO-Aufnahmen kamen nicht dabei heraus, aber immerhin können die als Beweise dienen: Nordlichter Ende August. Sachen gibt´s.
Die Bilder von Tag 1:
Der nächste Morgen begann mit strahlendem Sonnenschein und dem Geschrei der Möwen. Kein Mensch weit und breit, nur die Natur als Panorama, eine herrliche Stimmung. Bei erwarteten Tageshöchsttemperaturen um 22 Grad nahm ich mir für heute vor, einen Großteil der Zeit am längsten Strand Ölands, dem etwa 6 Kilometer langen Sandstrand bei Böda Sand zu verbringen. Hier lässt es sich aushalten, feinster Sandstrand hinter wunderschönen Dünen – wunderschön. Am Nachmittag erst gegen 15 Uhr konnte ich mich aufraffen, dieses Paradies zu verlassen und weiter zu fahren, schließlich hatte ich noch keinen Platz für die Nacht gefunden. Die Vindskydd bei Lyckesand, die in der Karte verzeichnet ist, war schon besetzt, aber ich wollte sowieso noch ein gutes Stück weiterradeln.
Ich folgte der Straße 136 und dem Radwanderweg Ölandsleden nach Süden, irgendwo in der Nähe von Källa entdeckte ich hinter einem Maisfeld eine große Wiese am Waldrand, weit abseits der Häuser. Lediglich ein paar Rehe fühlten sich gestört und verschwanden erst mal im Wald – ein wunderschöner Zeltplatz. Hier störte ich niemanden und ich hatte auch meine Ruhe. Nach einem riesigen Berg Nudeln folgte eine angenehme Nacht ohne besondere Vorkommnisse, wenn man mal vom Bellen der Rehe absieht, die in der Nähe meines Zeltes nach Fressbarem suchten.
Die Bilder von Tag 2:
Am nächsten Morgen ging es weiter, vorbei an dem Gräberfeld Vi Alvar, immer entlang des Ölandsleden. Ich erkundete die für Öland charakteristischen Windmühlen, einige schöne Kirchen, Dörfer und genoß die Fahrt bei leichtem Gegenwind und angenehmen Temperaturen.
Angeregt von Fix Travel, der mit seinem Rad schon seit langer Zeit Europa bereist, dabei auch Öland durchquerte, und dabei klasse Videos für YouTube macht, fand ich für die nächste Nacht einen unglaublich paradiesischen Zeltplatz bei Melösa direkt am Meer. Sonne, Wolken, Kühe, Möwen, Sandstrand, Dünen – sonst nichts. Keine Menschen – und später am Abend ein phantastischer Sonnenuntergang.
Die Bilder von Tag 3:
Auch diese Nacht war wieder vollkommen entspannt und traumhaft ruhig. Die Morgenstimmung nutzte ich für einige stimmungsvolle Bilder, bevor ich mir ein gutes Frühstück am Zelt gönnte. Heute fiel es mir wirklich schwer, diesen Traumplatz irgendwann zu verlassen. Ich genoss die Ruhe der Natur und die Einsamkeit bei etlichen Tassen Kaffee und einem guten Hörbuch. Strandleben vom Feinsten. Erst am frühen Nachmittag sah ich schließlich wieder einen Menschen, einen freundlichen Vogelbeobachter, ausgestattet mit einem dicken Fernglas – für mich der Zeitpunkt, diesen schönen Ort hinter mir zu lassen und meine Bummeltour fortzusetzen.
Auch heute ließ ich mir wieder viel Zeit und hielt an nahezu jeder Sehenswürdigkeit an – und davon gibt es auf Öland etliche. An fast allen Kirchen kann man seine Wasservorräte auffülen und dort vorhandene Rastplätze mit Sitzen, Bänken und Toiletten nutzen, Öland ist für Radreisende das perfekte Ziel. Das Wetter konnte sich heute nicht entscheiden zwischen stürmisch, bewölkt, sonnig und leichtem Regen. Abends steuerte ich die Gunnarstorp vindskydd am Rande des Vanserum-Bäcks Naturreservates an, eine etwas schattig gelegene Hütte mit Picknicktischen, Feuerstelle und Plumpsklo. Da es an diesem Abend schon ziemlich frisch wurde und die Mücken eifrig ums Zelt schwirrten, verschwand ich frühzeitig im Zelt.
Die Bilder von Tag 4:
Im Großen und Ganzen war es das dann auch mit meiner Tour, ich wurde Zuhause für unabkömmlich erklärt und wegen eines seeeehr wichtigen Termines schließlich gegen Mittag in einem Ort mit dem schönen Namen Himmelsberga samt Fahrrad und Gepäck abgeholt, dort befindet sich auch das Öland Museum mit einem großen Parkplatz. Vorher erkundete und fotografierte ich aber noch Ismantorps Fornborg, eine sehenswerte verfallene mittelalterliche Rundburg-Anlage.
Die Bilder von Tag 5:
Ich werde diese Tour definitiv noch einmal machen und dann lasse ich den südlichen Teil der Insel natürlich nicht aus. In diesem Blogbeitrag habe ich meinen Lesern den Süden von Öland schon einmal nähergebracht, allerdings nicht mit dem Rad. Zusammenfassend kann man sagen, daß Öland ein Paradies für Radreisende ist. Es gibt genügend Übernachtungsplätze, wenn die während der Saison voll sein sollten, findet sich immer ein brauchbares Plätzchen für ein Zelt, natürlich unter Beachtung des Schwedischen Allemansrätten. Es gibt auch einige Einkaufsmöglichkeiten, aber gerade im Süden nur sehr vereinzelt, hier ist gute Planung nötig. Campingplätze gibt es auch und alle paar Kilometer findet man auch gut ausgestattete Rastplätze mit allem was das Radlerherz begehrt. Der Ölandsleden ist ein komfortabler Radweg, der die Insel von Nord nach Süd und umgekehrt durchquert. Auf die Insel kommt man allerdings nur mit der Fähre, im Sommer von Oskarshamn nach Byxelkrok oder von Kalmar nach Färjestaden, die Brücke über den Kalmarsund ist Autos vorbehalten. Wer alle Bilder dieser entspannten Tour sehen möchte, der kann sich gerne mein Album bei Google Fotos ansehen. Viel Spaß dabei!
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Hallo Olli,
Hallo Olli, KLASSE-Reise/Fotoreportage!
Viele bezeichnen oder halten sich für Fotografen. DU bist es!
Grüße nach Smaland
Gerd
Hallo Olli, KLASSE-Reise/Fotoreportage!
Viele bezeichnen oder halten sich für Fotografen. DU bist es!
Grüße nach Smaland
Gerd
Hallo Olli,
DANKE für das mich Aufmerksammachen auf deine FOTO-Reportage Insel ÖLAND!
Ich bin immer wieder sehr angetan über die Fotos, ihre Qualität und deinen BLICK für
wesentliche DETAILS in der NATUR und anderswo.
Viele Menschen in den SOCIAL MEDIA bezeichnen sich als Fotografen.
Ihre Handy-Kameras zeigen ihnen den Weg zu besseren Fotos,
aber ohne den besonderen Blick und Tick.
Ich habe deinen Blog jetzt abonniert!
Hau rein und liebe Grüße nach Smaland
Gerd
Lieber Gerd, als ziemlich stiller Bewunderer Deiner Bilderfluten ehrt mich Dein Kommentar natürlich. Schade, daß deine geniale Kanukassel-Homepage nicht mehr existiert, deine Reportagen und die Bilder dort haben mich immer begeistert und meine Neugier erweckt. Wenn ich da an deine alten Reisen z.B. ins Femund-Gebiet denke, als Samira noch ein Kleinkind war, das war so spannend zu Betrachten! Ich hatte das große Glück, dein Pollner-Buch zum Femund für sagenhafte 2 € bei ebay Kleinanzeigen zu finden. Das wird gehütet wie ein Schatz, weil ich weiß. daß ich es nochmal brauchen werde. Heute verfolge ich begeistert, bewundernd Deine YouTube Videos. Ich werde meinen Blog hier nach und nach aktualisieren und auch vergangene Bilderstrecken mit einbauen, da wird sich einiges tun in der nächsten Zeit, klasse daß Du dir die Zeit nimmst, hier vorbeizuschauen. Herzliche Grüße in den Westerwald oder wo immer Ihr euch herumtreiben lasst! Olli